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Kaffeefarmer Don Tacho: "Ich liebe es, zu experimentieren"

Jetzt steht es fest: Der Don Tacho, unser Seasonal aus Costa Rica, ist bald wieder verfügbar. Doch wie viel Experiment steckt eigentlich in dem neuen Röststätte-Kaffee? Und wie sieht der Alltag auf der Farm in Costa Rica aus? Wir haben im Vorfeld mit Don Tacho – Baristachampion, Kaffeefarmer und Manager – gesprochen.
Luis Anastasio Castro, besser bekannt als Tacho – schwarze Haare, Tattoos auf dem Unterarm und getrimmter Bart – ist Coffee Professional durch und durch, betreibt neben seiner Kaffeefarm (in 5. Generation) in Tarrazú bei San José auch einen Coffee Shop in San Pablo und hat sogar seine Diplomarbeit über die Kaffeeproduktion geschrieben. Er hat uns im Jahr 2021 eine ganze Woche lang in Berlin besucht, um in unserer Academy für die Barista-Weltmeisterschaft in Mailand zu trainieren. Seitdem beziehen wir seinen Kaffee als Direct Trade aus Costa Rica.

Ab Ende Oktober ist der neue Don Tacho bei uns verfügbar (zu unseren regelmäßigen Newsletter-Presales kannst du dich hier anmelden). Im Interview erzählt uns Tacho mehr über den Kaffeeanbau in Costa Rica, über seine Experimente mit Varietäten und Aufbereitung und warum er erstmal keine Zeit für Barista-Wettbewerbe hat.

Hi Tacho, trainierst du gerade für die nächste Barista-Meisterschaft?

Ich erinnere mich sehr gerne an das Training bei Euch in Berlin. Dieses Jahr habe ich aber beschlossen, nicht an Barista-Wettbewerben teilzunehmen. Stattdessen habe ich hier in Costa Rica meinen eigenen Coffeeshop in San Pablo eröffnet, ich konzentriere mich also vor allem auf die Ernte, die ab Dezember beginnt – und auf den Coffeeshop. Ich hoffe aber, dass ich bald wieder an Wettbewerben teilnehmen kann, denn das ist etwas, das ich einfach liebe.

Wie sieht dein aktueller Tagesablauf aus?

Ich wache jeden Morgen um 5:30 Uhr auf und gehe bis 12 Uhr auf die Farm, um verschiedene Arbeiten zu erledigen, ich bin insbesondere mit der Fermentierung der Kaffeekirschen und dem Management des Unternehmens allgemein beschäftigt. Nachmittags gehe ich ins Café und abends um zirka 22 Uhr gehe ich ins Bett.

Was ist das Besondere an Tarrazú – deiner Region?

Wir befinden uns in der Region Los Santos (Tarrazú) im Hochgebirge südlich von unserer Hauptstadt San José. Es ist eine der am dichtesten bepflanzten Hochgebirgsregionen Mittelamerikas, mit vielen Farmen auf oder über 2100 Metern über dem Meeresspiegel.

Wie wirkt sich diese extreme Anbauhöhe auf deinen Kaffee aus?

Durch den Anbau in dieser Höhe erreichen wir einen sehr schönen Säuregehalt der Kaffees, die Böden sind ideal für Spezialitätenkaffee geeignet. Und durch unsere Micromill konnten wir die Bandbreite der Geschmacksnoten noch weiter erhöhen, so auch vom Red-Honey verarbeiteten Catuai-Lot, das wir Euch zum ersten Mal im Jahr 2021 als Direct Trade geliefert haben.

Welche Arbeiten stehen gerade auf deiner Farm an?

Die Erntezeit in Costa Rica ist von Dezember bis April. Im Moment erledigen wir tagtäglich typische Farmarbeiten wie Düngen, Unkrautbekämpfung – und in der Mühle stehen einige Wartungsarbeiten an. Ab Dezember wird es dann richtig intensiv.

Durch den Frost im letzten Sommer in Brasilien sind die Weltmarktpreise in die Höhe geschossen. Werden die Kosten für Kaffee weiter steigen?

Letztes Jahr waren die Preise für Kaffeekirschen für uns Kaffeefarmer hoch, aber auch die Produktionskosten stiegen stark an. Dieses Jahr sieht die Ernte ähnlich aus wie im letzten Jahr, aber die Preise sind noch ungewiss. Die Leute sagen, dass sie gleich hoch oder ein bisschen höher sein können als im letzten Jahr.
Dieses Jahr sieht die Ernte ähnlich aus wie im letzten Jahr, aber die Preise sind noch ungewiss.
Luis Anastasio Castro, Coffee Professional aus Costa Rica

Ist der Klimawandel auf deiner Farm ein spürbares Problem? Wie reagieren die empfindlichen Arabica-Pflanzen?

Der Klimawandel wirkt sich hier in Costa Rica auf verschiedene Weise auf unsere Produktion aus, zum Beispiel durch einige Krankheiten, die die Pflanzen aggressiver machen. Das bekommen wir durch diverse Maßnahmen in den Griff, allerdings verteuert das die Produktionskosten. Doch die zarten Arabica-Pflanzen reagieren gut darauf, also keine Sorge!

Stichwort Fermentierung: Dein Red-Honey-Processing hat unsere Gaumen verwöhnt; es gab Noten von Honig, Mandarine und Melone in der Tasse. Wie machst du das?

Ich habe verschiedene Aufbereitungs-Verfahren erprobt; ich sage "erprobt", weil die Ergebnisse in Ordnung sind und ich dieses Verfahren jedes Jahr wiederhole. Und ich liebe es, zu experimentieren, also mache ich jedes Jahr verschiedene Fermentierungen, aber nur mit kleinen Mengen Kaffee, um sie zu probieren. Und wenn sie gut sind, verarbeite ich im nächsten Jahr größere Mengen. So wie mein Red-Honey-Catuai-Lot, das ich Euch dieses Jahr gesendet habe.
"Ich liebe es, zu experimentieren, also probiere ich jedes Jahr verschiedene Aufbereitungsmethoden – aber nur mit ganz kleinen Mengen Rohkaffee"
Luis Anastasio Castro, Coffee Professional aus Costa Rica

Welche Kaffee-Varietäten erntest du?

Caturra (Anm. d. Red. Bourbon-Mutation, 1937 in Brasilien entdeckt) und Catuai (Kreuzung aus Caturra und Mundo Nuovo, vereint Ertrag und Stärke von Mundo Nuovo mit Qualität von Caturra) – das ich letztes Jahr an Euch geliefert habe – sind mit Abstand unsere produktionsreichsten Varietäten, aber wir experimentieren auch mit anderen Sorten, die in naher Zukunft verfügbar sein werden.

Das sind beispielsweise Villa Sarchi, Geisha (Anm. d. Red. eine Kaffeerarität, benannt nach einer Stadt in Äthiopien), einige andere Äthiopier, H1 und Pacamara (Anm. d. Red. zeichnet sich durch sehr große Rohkaffee-Bohnen aus). Ich mag es, viele Varietäten zu haben, weil jeder Kaffee anders ist und ich dadurch viel lerne.

Was ist dein aktueller Liebling?

Ich mag die Villa-Sarchi-Varietät sehr, sie ist eine weitere natürliche Mutation von Bourbon, benannt nach einer unserer Städte. Die Qualität der roten Kaffeekirschen ist wirklich fantastisch!

Ich mag zudem das Honey Processing und den anaeroben Prozess sehr. Beim sogenannten Red Honey Processing werden die Kaffeebohnen möglichst im Schatten zum Trocknen ausgelegt. Die Bohnen sind komplett entpulpt und werden nur von einer Schleimschicht (Mucilage) umhüllt, die sich beim Trocknen rötlich färbt und eine natürliche Süße in die Bohne abgibt.

Findest du genügend Erntehelfer?

Es ist sehr schwierig, gute Erntehelfer zu finden. Denn jedes Detail bei der Ernte ist wichtig, um unsere hohen Qualitätsstandards aufrecht zu erhalten. Wir sind grundlegend sehr vorsichtig. Die Leute, die uns der Ernte helfen, sind die gleichen wie in den letzten Jahren. Somit wissen wir genau, wie sie arbeiten.

Wie trinken eigentlich Costa Ricaner ihren Kaffee am liebsten?

In Costa Rica schätzen die Menschen leider keinen Spezialitätenkaffee. Sie trinken handelsüblichen Commodity Coffee von schlechter Qualität, der im "Chorreador" zubereitet wird.

Was ist ein Chorreador?

Das ist ein einfacher Kaffeezubereiter, der aus zwei Teilen besteht – einem Holzständer und einem Säckchen, also einen Stofffilter. Der Holzständer besteht in der Regel aus verziertem Holz und der Stofffilter aus Baumwolle.

Wie verbreitet ist Spezialitätenkaffee in Costa Rica?

In den letzten Jahren haben die Leute, die sich mit Spezialitätenkaffee beschäftigen, sehr viel für die Kaffeekultur getan – und die Menschen beginnen langsam, mehr über guten Kaffee zu lernen und ihn zu trinken.

Jetzt zu dir: Filter – oder Espresso?

Ich persönlich trinke am liebsten red honey fermentierten Filterkaffee, zubereitet als V60. Aber zwei- bis dreimal in der Woche tut mir ein guter Espresso sehr gut.

Wie lukrativ ist es für dich, Spezialitätenkaffee anzubauen?

Kommerzieller Kaffee ist lukrativ, wenn man viel Kaffee produziert. Wir aber sind kleiner Produzent, also suchen wir nach einem Weg, unser Geschäft lukrativer zu machen. Der Anbau von Spezialitätenkaffee erfordert grundlegend eine Menge Technologie und Ausrüstung, daher sind die Investitionen hoch. Es ist ein gutes Geschäft, wenn man Kunden hat, die gut zahlen und die Investitionen verstehen, die hinter dieser Produktion stehen. Es braucht ein paar Jahre, bis es sich lohnt.

Wie kamst du eigentlich auf Spezialitätenkaffee?

Die Idee, Spezialitätenkaffee anzubauen, entstand in einer Diplomarbeit, die ich an der Universität geschrieben habe. Meine Familie produziert bereits in der fünften Generation Kaffee, aber in dieser Arbeit habe ich herausgefunden, dass wir die Dinge besser machen müssen, um unseren Kaffee auf das Spitzenniveau der Welt zu heben.

Vielen Dank für das Interview!

written by

Christopher Braemer

Christopher ist gelernter Journalist und arbeitet im Marketing von Röststätte Berlin. Am Herzen liegen ihm der Röststätte-Newsletter und der Contentbereich. Für den Blog schreibt er über Kaffee aus aller Welt, aber auch über Wirtschaft, Politik oder Nachhaltigkeit. Falls ihr Fragen oder Anregungen habt, schreibt ihm gern eine Nachricht.

Fotos: Laura Droße, Ally Coffee
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