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Interview mit Head Röster Ivo: "Wir experimentieren ständig"

Der Röster kann durch die Art der Röstung entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis in der Tasse nehmen. Doch was ist eigentlich unsere Röstphilosophie? Das und mehr verrät unser Head Röster Ivo im Interview.
Während Ihr gemütlich Euren Kaffee in der Sonne unseres Außenbereichs in der Ackerstraße, im Café in den Hackeschen Höfen oder bei Euch zu Hause trinkt, herrscht bei uns in der Röststätte hinter den Kulissen meistens Hochbetrieb. Unser Röstteam sorgt täglich dafür, dass Eure Kaffees den bestmöglichen Geschmack erreichen. Doch wie wird der Kaffee eigentlich bei Röststätte geröstet? Wie viel Experiment steckt in den Röstungen? Und worauf legen wir beim Rösten besonderen Wert? Das und mehr erzählt Ivo im Interview.

Ivo, was ist eigentlich die Röstphilosophie von Röststätte?

Wir rösten ausschließlich Arabica-Kaffees die als Spezialitätenkaffee eingestuft sind. Kurz gesagt, wir rösten nicht dunkel, niemals bis zum zweiten Crack. Wir rösten nur den ersten Crack. Trotzdem unterscheiden wir zwischen Filterkaffee- und Espresso-Röstungen.

Was ist denn da der Unterschied beim Rösten?

Der Espresso hat eine etwas längere Entwicklungszeit beim Rösten und auch eine höhere Endtemperatur. Aber er ist immer noch keine dunkle Röstung, sondern so etwas wie ein Medium Roast. Der Filterkaffee ist bei uns ein Light Roast, also eine helle Röstung. Damit können wir das beste Aroma für den Filterkaffee präsentieren, aber auch das Beste für den Espresso. Es gibt ja auch die sogenannten Omni Roasts.

Haben Omni Roasts einen Nachteil?

Omni Roasts sind zum einen einfacher, weil man mit einer Röstkurve zwei Produkte erstellen kann. Wobei viele Kaffees das nicht unbedingt hergeben. Das hat oft die Folge, dass die Filterkaffees ein Stück weit überröstet werden – und falls nicht, dann sind die Espressi unterröstet. Das heißt sie sind extrem säurebetont. Und Säure kann nice sein, aber wir unterscheiden zwischen einer positiven, also süßen Säure, die von der Frucht herrührt. Und zwischen einer scharfen Säure, die einen negativen Einfluss auf den Geschmack hat. Und die präsentieren sich bei unterrösteten Kaffees.

Wie bewertest du den Trend zum "Omni roasting"?

Um im Wettbewerb mithalten zu können, müssen auch diejenigen früher oder später anpassen – und zwischen Filter- und Espressoröstungen unterscheiden. Ein Kollege ist jetzt sogar einen Schritt weiter gegangen und hat einen – für die Specialty-Coffee-Szene eher untypischen – Dark Roast speziell für die Gastronomie entwickelt. Ansonsten ist die Szene ja eher auf den individuellen Kunden aus – und nicht auf die Gastronomie. Die Specialty Coffee Welt ist aber auch ein sehr dynamisches Feld, welches sich immer wieder neu erfindet.
Die Specialty Coffee Welt ist sehr dynamisch und erfindet sich immer wieder neu.
Ivo Weller, Co-Funder und Head Roaster

Experimentierst du eigentlich noch mit neuen Röstprofilen?

Wir experimentieren eigentlich ständig. Es hängt immer vom Kaffee und von der Zeit ab. Wir haben natürlich einige Röstprofile, die für viele Kaffees angepasst werden können. Das heißt aber nicht, dass es das Optimum ist. Also experimentieren wir immer weiter. Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Wo kommt der Kaffee her? Wie hoch ist er gewachsen? Wie viel Restfeuchtigkeit ist enthalten? Und: Wie frisch ist er?

Es kann ja sein, dass es eine aktuelle Ernte ist, aber er schon sechs Monate lang liegt. Der Rohkaffee verhält sich dann anders als einer, der erst vor einem Monat geerntet wurde. Es hängt auch davon ab, wie der Kaffee gelagert wurde – kalt und trocken oder wurde er Hitze ausgesetzt. Und auch die neuen, experimentellen Aufbereitungsmethoden (wie die Carbonic Maceration) sind neue Herausforderungen für uns Röster.

Und wenn jetzt ein neuer Kaffee kommt, zum Beispiel unser Alto da Serra – wie geht ihr im Röstteam dann vor?

Dann experimentieren wir erstmal. Das heißt wir probieren verschiedene Röstprofile aus – und schauen dann beim Cupping, welches am besten passt. Fürs Experimentieren nutzen wir einen Sample-Röster von Ikawa, das ist ein Röster für kleinere Mengen bis zu 100 Gramm. Sonst würden wir ja massenweise Kaffee verrösten – das wäre Verschwendung. Bei unserem großen Röster, dem Loring S 35 Kestrel, werden mindestens zehn und maximal 30 Kilogramm pro Durchgang geröstet.
Auch die neuen, experimentellen Aufbereitungsmethoden (wie die Carbonic Maceration) sind neue Herausforderungen für uns Röster.
Ivo Weller, Co-Funder und Head Roaster

Wann wird für gewöhnlich geröstet?

Immer bei Vollmond (lacht).

Nein, jetzt im Ernst. Also ich meine wie oft in der Woche röstet ihr eigentlich? Und wie ist ein Rösttag zeitlich strukturiert?

Kaffee ist in unseren Augen ein Frischeprodukt. Die Frische macht ihn aus, deswegen rösten wir ihn jede Woche oder sogar mehrmals die Woche. Meistens rösten wir am Mittwoch und am Donnerstag oder am Donnerstag und am Freitag. Ein Rösttag bei uns beginnt am frühen bis späten Vormittag, und endet dann abends um 17 Uhr. Aber es gibt natürlich auch Wochen wie diese, wenn wir tagelang durchrösten.

Und wie viele neue Kaffees rösten wir pro Jahr?

Wir rösten pro Jahr 10-15 neue Kaffees. Abgesehen von unseren Klassikern, Sinfonia , Novum und Capital – die es das ganze Jahr über gibt, haben wir auch viele Microlots. Von denen erhalten wir auch mal nur sehr kleine Mengen zwischen 30 bis 300kg. Vom Paraiso hatten wir zum Beispiel nur zehn Säcke á 69kg. Vom Alto da Serra haben wir nur einen Sack mit 60kg. Deswegen wechseln die Kaffees bei uns regelmäßig, es kommen immer neue Seasonals und Raritäten in das Sortiment rein.

Ivo's Favorite

Shop Novum

Würdest du eigentlich empfehlen, den Kaffee selbst zu Hause zu rösten?

Man kann alles – wenn man weiß, wie es geht. Früher haben die Leute ja auch mit einem Handröster auf offener Flamme geröstet. Ob man sich den Kaffee jetzt aufbrüht oder sich einen Espresso zubereitet, man braucht für alles ein Rezept. Wenn man sich ein Stück Fleisch in die Pfanne legt, muss man auch genau wissen, wie heiß muss die Pfanne sein, wie lange soll es drin bleiben, dass es medium ist.

Es ist allerdings fraglich, ob man beim Rösten zu Hause das gleiche Ergebnis wie bei uns erzielt. Wir haben schließlich jahrelange Erfahrung im Rösten und arbeiten Tag für Tag daran, uns zu verbessern – das macht sich im Geschmack bemerkbar. Und wer will sich schon seine Wohnung einräuchern?

Wie wird man eigentlich zum Röst-Profi?

Früher war der "Röstmeister" ein Ausbildungsberuf. Doch den gibt es nicht mehr, mittlerweile darf jeder rösten, der will. Ein guter Röster braucht allerdings viel Erfahrung und Wissen, das er sich über Jahre aneignet. Man kann aber Schulungen und Kurse belegen – das ist aber eigentlich nichts für Privatleute. Ich habe selbst eine Ausbildung zum Chef-Diplom-Kaffeesommelier gemacht und bin auch Q-Grader (Anm. d. Red: das ist die Elite der Kaffeekenner, das Q-Grader-Programm des Coffee Quality Institutes ist weltweit die renommierteste Kaffee-Sensorik-Ausbildung).

Was macht einen guten Röster aus?

Neben der Erfahrung und dem Wissen lege ich viel Wert auf Sauberkeit am Arbeitsplatz. Ein guter Röster sollte seinen Bereich sauber halten. Ich finde es furchtbar, wie es in manchen Röstereien aussieht – wie auf einer Baustelle, wo der Kaffee überall auf der Erde liegt und zusammengefegt werden muss. Das sind Sachen, die kann ich nicht ausstehen, weil es trotzdem ein Lebensmittel bleibt.

Vielen Dank für das Interview!

written by

Christopher Braemer

Christopher ist gelernter Journalist und arbeitet im Marketing von Röststätte Berlin. Für den Blog schreibt er über Kaffee aus aller Welt, aber auch über Wirtschaft, Politik oder Nachhaltigkeit.

Fotos: Laura Droße
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